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Rückblick: Bioökonomie in Niedersachsen und Schleswig-Holstein - Innovationen und Anwendung für die Praxis
Am Montag, den 08.02.2021 informierten sich rund 160 Teilnehmer*innen auf der Online-Auftaktveranstaltung des Kompetenzzentrums Erneuerbare Energien und Klimaschutz Schleswig-Holstein und 3N Kompetenzzentrums Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie e.V. über ein Thema, das sowohl die Politik als auch die Landwirtschaft in Norddeutschland seit Jahren beschäftigt: dem nachhaltigen Anbau nachwachsender Rohstoffe auf vernässten Moorböden (Paludikultur).
Mit der Veranstaltungsreihe „Bioökonomie in Niedersachsen und Schleswig-Holstein“ möchten die beiden Kompetenzzentren die vielfältigen Umsetzungsfelder der Bioökonomie in Schleswig-Holstein und Niedersachsen stärker sichtbar machen und Akteur*innen eine Plattform bieten, um die Vernetzung mit Kompetenz- und Kooperationspartnern aus Wissenschaft und Wirtschaft zu unterstützen und einen Wissensaustausch zu fördern.
Begrüßt wurden die Gäste aus verschiedenen Bereichen, darunter Landwirte, Unternehmen, Planungsbüros, Naturschützer sowie Vertreter aus Politik, Behörden, Verbänden und der Wissenschaft, durch Dr. Marie-Luise Rottmann-Meyer (3N Kompetenzzentrum) und Dr. Wolfgang Bonn (Kompetenzzentrum Erneuerbare Energien und Klimaschutz Schleswig-Holstein).
Die Potentiale, die diese nasse Form der Landwirtschaft bietet, sind in Schleswig-Holstein und Niedersachsen hoch. In beiden Bundesländern liegt eine große Flächenkulisse vor. So machte Dr. Colja Beyer von der Niedersächsischen Kompetenzstelle Paludikultur in seinem Vortrag darauf aufmerksam, dass der geeignete Flächenpool in Niedersachsen bei 25.000 ha liegt und hier beispielsweise der Anbau von Rohrkolben oder Schilf möglich ist und in Bezug auf den Klimaschutz sinnvoll ist. Das Treibhausgasminderungspotential ist jedoch in beiden Bundesländern beachtlich. „In Niedersachsen könnte die Treibhausgasbilanz durch Umnutzung der Ackerflächen auf Niedermoorboden um 800.000 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr gesenkt werden, außerhalb von Schutzgebieten sind es etwa 600.000 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr“, erläuterte Beyer. Wenn nach einer Vernässung der Aufwuchs von Biomasse auf Moorböden außerhalb von Schutzgebieten noch stofflich oder energetisch verwendet werden würde, könnten beispielsweise Dämmmaterialien erzeugt oder über 200 Mio. Liter Erdöl bzw. m³ Erdgas ersetzt werden.
In Schleswig-Holstein würden 99.500 ha Niedermoorboden und 28.500 ha Hochmoorboden durch Nutzungsumstellung zu einer Verringerung der Treibhausgasemissionen beitragen können, stellte Dr. Michael Trepel vom Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel dar. In beiden Bundesländern müssen aber auch vielfältige Restriktionen, wie z.B. die Vereinbarkeit mit Naturschutzzielen beachtet werden. Somit ist die Paludikultur nicht auf der gesamten Kulisse umsetzbar. Es gibt darüber hinaus nach wie vor viele offene Fragen und einen Bedarf Paludikulturen der Öffentlichkeit und dem Fachpublikum zu demonstrieren, waren sich die Referenten einig.
Merten Christian Minke stellte den Förderaufrufe „Moorbodenschutz über die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen aus der Paludikultur“ von der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) e.V. vor. Mit ihm sollen innovative und praxistaugliche FuE-Vorhaben zu Nutzungskonzepten von Produktketten von Paludikulturen gefördert werden. Projektskizzen können noch bis zum 05.04.2021 eingereicht werden. Weitere Informationen finden Sie hier.
Dr. Colja Beyer, 3N Kompetenzzentrum berichtete anschließend über das aktuelle EFRE-Verbundvorhaben „Produktketten aus Niedermoorbiomasse“. In dem Vorhaben werden Pilotflächen für Niedermoor-Paludikultur in Niedersachsen eingerichtet. Unterstützt wird es vom Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz. Projektträger ist der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN).
Matthias Reimers vom Deich- und Hauptsielverband Dithmarschen und Bündnis Naturschutz in Dithmarschen e.V., stellte das Kooperationsprojekt „Moor- und Klimaschutz (MoKli) auf bewirtschafteten Moorböden“ am Beispiel der Modellregion Miele- und Windberger Niederung in Schleswig-Holstein vor. Deutschlandweit gibt es insgesamt fünf Modellregionen. In der Miele- und Windberger Niederung wurde eine modellgestützte Wirkungsanalyse erstellt, um daraus Maßnahmen abzuleiten mit dem Ziel, bis 2050 eine nachhaltige Wasserwirtschaft umsetzen zu können.
Anschließend wurde in zwei Workshops, das Anbauverfahren und die Verwertungsmöglichkeiten der Paludikultur diskutiert, sowie die Chancen und Hemmnisse der Umsetzung diskutiert. Aus landwirtschaftlicher Sicht ist der Anbau bei fehlenden Agrarprämien und hohen Flächenpreisen derzeit ökonomisch mit vielen Hindernissen belegt, da im Falle einer Nutzungsänderung hin zur Paludikultur nach derzeitiger Rechtslage der Ackerstatus verloren geht. Beide Workshops boten den Teilnehmer*innen Raum um sich über gemeinsame Projektideen auszutauschen.
Fachvorträge der Veranstaltung
- Flaechen- und Potenzialanalyse zur Paludikultur Niedersachsen_Beyer.pdf (4,4 MiB)
- Potenziale und Restriktionen für die Etablierung von Paludikulturen _Trepel.pdf (1,8 MiB)
- Moorbodenschutz über die Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen aus der Paludikultur_Minke.pdf (1.022,6 KiB)
- KliMo-Projekt Produktketten aus Niedermoorbiomasse_Beyer.pdf (3,5 MiB)
- Moor- und Klimaschutz (MoKli)_Reimers.pdf (2,4 MiB)